Sound Studies Klangarchiv

Masterstudiengang am UdK Berlin Career College

Studiengang

Sound Studies und die Kultur des Auditiven

In den Medien, in Konzerten und Clubs geraten wir heute ständig in künstliche Klang- und Bildwelten, deren suggestive Kraft sich nicht zuletzt moderner Audiotechnik verdankt. Demgegenüber stehen Konzepte zur Gestaltung unserer auditiven urbanen Kultur noch ganz am Anfang, und es fragt sich, ob wir uns im Alltag eine ähnlich umfassende Gestaltung wie in den Medien wünschen können. Doch bevor diese Frage geklärt werden kann, muss zunächst eine nachhaltige Sensibilisierung für das Auditive erfolgen.

Auf dem Weg zu einer Kultur des Hörens

Bis heute wird die Dimension des Hörens gerne vernachlässigt, dabei wissen wir alle um den Klang und die Sprache der Dinge, um die Beredsamkeit der Geräusche – sie helfen uns nicht allein bei der Orientierung, sie machen unsere Welt lebendig und verleihen ihr räumliche Tiefe.
Die Theorie auditiver Kultur verleiht diesem Thema Nachdruck, indem sie das Auditive als eigenständige Dimension unserer Wirklichkeit begreift. Sie stellt das Hören in den Mittelpunkt und bewirkt damit einen Wechsel der Perspektive vom Wahrnehmungsgegenstand zum Wahrnehmenden. Die klassische Idee musikalischer Werkrezeption stellt dabei nur einen Sonderfall dar. Im Zentrum steht die Wahrnehmung als solche, die in Psychoakustik und Wahrnehmungspsychologie Thema ist, während die Phänomenologie sich mit den komplexen Wahrnehmungssituationen des Alltags befasst: Dort erfolgt die hörende Orientierung stets in Interaktion mit den anderen Sinnen, besonders mit dem Auge sowie mit der Motorik und der körperlichen Erfahrung der gesamten Person. Schließlich muss das Hören zusammengedacht werden mit den menschlichen Ausdrucksformen, auf die es ständig reagiert, angefangen mit Stimme und Sprechen bis hin zur musikalischen Betätigung.
Auf der Grundlage dieser Theorieansätze befasst sich der Masterstudiengang Sound Studies mit dem ganzen Spektrum der Klänge und Geräusche unserer modernen Kultur. Damit verschiebt sich der Blickwinkel auf das kulturelle Leben, was neue Einsichten in die Funktionen des Auditiven eröffnet. Um jedoch die Sphäre des Hörens als eigenständigen Bereich unserer Kultur zu etablieren, benötigt man auch Kriterien und Kategorien der Wahrnehmung und Gestaltung unserer klingenden Umwelt.

Der Masterstudiengang Sound Studies

Nach einer mehrjährigen Gründungsphase wurde der Masterstudiengang Sound Studies 2006 an der Universität der Künste Berlin eröffnet. Angesiedelt im Spannungsfeld von Kunst und Wissenschaft, Theorie und Praxis verbindet dieser als Projektstudium angelegte Studiengang theoretisch-wissenschaftliche und künstlerisch-gestalterische Lehrangebote. Zu seinen Markenzeichen gehört die Kombination aus Erlernen praktischer Fähigkeiten, Entwerfen eigener praktischer oder künstlerischer Projekte und Auseinandersetzung mit entsprechenden Theorieansätzen.
Seit der Erweiterung 2012 gibt es zwei Pflichtfächer: Theorie und Geschichte auditiver Kultur und Kompetenz des Hörens. In der Kompetenz des Hörens trainieren die Studierenden ihre Fähigkeit, spektrale und räumliche Eigenschaften eines Klangereignisses einzuschätzen, zu beschreiben und gegebenenfalls zu verändern. Fünf Wahlpflichtfächer kommen hinzu: Die Experimentelle Klanggestaltung widmet sich der Klangkunst und ähnlicher Phänomene im Grenzbereich von Musik und Bildender Kunst. Die Möglichkeit zur Vertiefung der theoretisch-wissenschaftlichen Auseinandersetzung bietet das Fach Auditive Kultur: Recherche. Demgegenüber sind die Fächer Auditives Design, Auditive Mediengestaltung und Auditive Architektur anwendungsbezogen konzipiert.
Das Auditive Design betrachtet Klang aus der Perspektive der Funktion und umfasst neben Sound Branding und Interaction Design auch die auditive Gestaltung funktionaler Räume. Die Auditive Architektur hingegen erweitert die Gestaltungsmöglichkeiten der Gebäude-, Stadt- und Landschaftsplanung, indem sie die hörende Erfahrung zum Ausgangspunkt für die Entwurfsarbeit nimmt. Die Auditive Mediengestaltung schließlich beschäftigt sich mit den komplexen Wechselwirkungen zwischen Werkzeugen der Audiotechnik und den damit zu erzielenden Resultaten, mit besonderem Schwerpunkt auf den Möglichkeiten der Erzeugung von Klang und Struktur in Echtzeit und den sich daraus ergebenden Implikationen für Performance und Komposition.
Alle diese Fächer vermitteln Fähigkeiten und Kenntnisse, um die Rahmenbedingungen in Film, Werbung, Produktdesign und Stadtplanung für die Gestaltung der auditiven Kultur produktiv zu machen. Zugleich formulieren sie jedoch programmatische Positionen: Wer für Design, Mediengestaltung oder Architektur einen ausschließlich auditiven Zugang anbietet, benötigt ein über die Problematik des Auditiven hinausweisendes Konzept, das die Grundlagen des Fachs ebenso reflektiert wie die Veränderungen, die sich ergeben, sobald man das Hören einbezieht. Insofern vermitteln diese Fächer den Studierenden nicht allein grundlegende Kenntnisse über zentrale Aspekte, Erscheinungsweisen und Elemente der auditiven Kultur, sie liefern auch das empirische Fundament für eine Theorie des Auditiven, die die unterschiedlichen Bereiche in einen Gesamtzusammenhang rückt und übergreifende Kriterien auditiver Erfahrung und Gestaltung entwirft.

Sound Studies and Auditory Culture

The Sound Studies master’s program is producing this year’s Campus at Ars Electronica. This is a great opportunity for a relatively new program to present current and former students’ work to a large audience and to acquaint visitors with what this field is all about. In the media, at concerts and in clubs, we are constantly confronted by artificial domains of sound & imagery, the suggestive power of which is attributable not least of all to modern audio technology. Nevertheless, concepts for the design of our auditory urban culture are still in a formative stage. And the question that arises is whether it would be possible for us to comprehensively design everyday life to an extent that is already the case in the media. But before this question can be answered, society has to be sustainably sensitized to auditory experience and phenomena.

Towards a Culture of Hearing

Many people still persistently neglect the auditory dimension of our world, though all of us are intimately aware of sound and the language of things, and attuned to noises’ eloquence – they not only aid us in orientation; they make our world a lively place and endow it with spatial depth. The theory of auditory culture emphasizes this issue, in that it conceives of auditory phenomena as constituting an integral part of our reality, a dimension in its own right. It focuses on hearing and thereby shifts perspective from an object of perception to a process of perceiving. Accordingly, the classical idea of the reception of a musical work represents only one particular instance. The center of attention is occupied by perception as such, the subject matter of psychoacoustics and perception psychology. Phenomenology, on the other hand, deals with the complex perceptual situations encountered in everyday life, whereby auditory orientation inevitably occurs in interaction with the other senses, especially the eyes, motor functions and the corporeal experience of the whole person. Ultimately, hearing has to be conceived in conjunction with the other forms of human expression to which it constantly reacts—from the voice and speech all the way to musical expressions. On the basis of this theoretical approach, the Sound Studies master’s program deals with the entire spectrum of sounds and noises produced by our modern culture. This shifts the focus to cultural life, which brings out novel insights into the functions of our auditory faculties. But establishing the realm of hearing as a cultural sphere in its own right also calls for criteria and categories of perception and design of our acoustic environment.

The Sound Studies Master’s Program

Following a multiyear start-up phase, the Sound Studies master’s program at the UdK-Berlin University of the Arts was launched in 2006. Situated at the nexus of art and science, theory and practice, this project-oriented program of study offers a curriculum that includes both theoretical scholarship as well as courses in art and design. Its trademark: acquiring practical skills, working independently on projects entailing art or applied science, and encounters with related theoretical considerations.
The program was expanded in 2012 to include two required courses: Theory and History of Auditory Culture and Hearing Competence. In Hearing Competence students train their ability to assess and describe the spectral and spatial characteristics of a sound, and, if need be, to modify them. There are five electives: Experimental Sound Design deals with sound art and similar phenomena at the interface of music and graphic art. The opportunity to go more deeply into the theoretical-scholarly aspects of this field is offered by the course Auditory Culture: Research, whereas Auditory Design, Auditory Media Design and Auditory Architecture are application-oriented.
Auditory Design considers sound from the perspective of function and includes, in addition to sound branding and interaction design, the auditory design of functional spaces. Auditory Architecture expands the design possibilities available to architects, urban planners and landscape architects by providing them with a basis for using acoustic experiences as the point of departure of design work. Auditory Media Design deals with the complex interrelationship between the tools of audio technology and the results to be achieved with them, with particular emphasis on the possibilities of producing sounds and structures in real time and the resulting implications for performance and composition.
All of these courses impart skills and insights in order to make the framework conditions in film, advertising, product design and urban planning productive for the design of auditory culture. At the same time, though, they formulate programmatic positions. Whoever offers an exclusively auditory approach for design, media design or architecture needs a concept that goes beyond strictly auditory considerations, that reflects the fundamentals of this field as well as the changes that come about as soon as hearing is taken into account. Accordingly, these courses convey to students not only fundamental insights into the central aspects, various manifestations and elements of auditory culture; they also impart the empirical foundation of auditory theory that places these various areas into an overall context and puts forth comprehensive criteria of auditory experience and design.

Sabine Sanio 2012

Universität der Künste Berlin
Berlin Career College
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Email: soundstudies@udk-berlin.de